Dolby Atmos Setup aus dem 3D-Drucker

Oder: Ich drucke mir mein Heimkino einfach selbst!

In meinem vorletzten Beitrag bin ich darauf eingegangen, wie und warum ich meine 850,00 € teure Soundbar ausgeschlachtet habe. Nach getaner Arbeit stellte sich mir abschließend die Frage, was ich mit den ausgebauten Lautsprecher-Chassis anstellen könne. Klanglich hatten mich diese überzeugt, weswegen mein nächster Plan lautete, diese in selbstgebaute Lautsprechergehäuse zu stecken. Im Nachhinein war das ein äußerst ambitioniertes Projekt. Knapp drei Monate war ich damit beschäftigt, von der Planung, über die Realisierung bis hin zum Finetuning. Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Holy shit, bin ich begeistert von meinen neuen DIY-Lautsprechern 😲 Aber der Reihe nach.

Sägen & leimen oder einfach drucken?

Dass Lautsprechergehäuse idealerweise aus miteinander verleimten MDF-Platten bestehen, ist mir bewusst. Aber ehrlich gesagt hatte ich keinen Bock im Keller zu sägen und zu kleben. Auch stellte sich mir die Frage, ob so kleine Speaker überhaupt aus Holz sein müssen? Immerhin sind alle meine Bluetooth-Boxen aus Kunststoff gefertigt und diese haben auch einen ordentlichen Wumms. So kam mir spontan die Idee: Mensch, warum nicht einfach aus Plastik selber drucken?

Gesagt, getan. Also Autodesk Fusion 360 angeschmissen und ein Gehäuse designt. Was das Volumen angeht, habe ich mich exakt an dem orientiert, was den Lautsprecher in der Soundbar zur Verfügung stand (1,8 Liter je Paar, bestehend aus Tief-/Mitteltöner und Hochtöner). Allerdings habe ich Länge, Breite und Höhe meiner (bisher nur am Computer existierenden) Lautsprechergehäuse an meine Bedürfnisse angepasst. Sie sollen nämlich entspannt zwischen Schrank und Wand passen.

Das von mir entworfene Gehäuse nimmt jeweils einen Tief-/Mitteltöner sowie einen Hochtöner auf. In der Front habe ich vier kleine Löcher eingeplant, um später ein Lautsprechergitter anbringen zu können. Die Rückwand des Gehäuses ist ein separates Bauteil, mit einer kleinen Haltevorrichtung für die Frequenzweiche sowie einem großen „Loch“ für eine Einschraubmuffe, welche dafür gedacht ist, den fertigen Lautsprecher später an einer Wand-/Deckenhalterung befestigen zu können. Was die Wandstärke des Gehäuses und der Rückwand angeht, habe ich mich nach einigen Test-Drucken auf 5 mm (mit 40 % Infill) festgelegt.

Nicht enden wollender 3D-Druck

Für diverse Probe-Drucke habe ich sämtliches Billig-Filament verballert, welches ich noch herumliegen hatte. Zum Glück, denn letztendlich habe ich mein neues „Ich liebe dich“-Filament gefunden: PLA+ von eSUN, natürlich in Weiß. Ein Gehäuse inkl. Rückwand hat mein getunter Ender 3 V2 in ca. 7 Stunden gedruckt. Für mich, mit diesem sehr guten Filament, der optimale Kompromiss aus Qualität und Geschwindigkeit.

Let’s build it!

Lautsprecher und Gehäuse lagen mir jetzt also vor. Was fehlt sonst noch? Kleinkram, den ich der Einfachheit halber bei Amazon bestellt habe:

  • Frequenzweichen, um das Signal zwischen Tief-/Mitteltöner und Hochtöner aufzuteilen. Link: Amazon
  • Kabel, gleich eine Rolle mit 15 Metern. Kann man nie genug von haben. Link: Amazon
  • Einschraubmuffen mit M6-Gewinde, für die spätere Montage an Wand bzw. Zimmerdecke. Link: Amazon
  • Schrauben, hier habe ich die aus der zerlegten Soundbar wiederverwendet.
  • Dämmwatte, damit’s nicht so hohl klingt. Link: Amazon
  • Anschlussterminals und Bananenstecker für die spätere Verkabelung. Link: Amazon bzw. Amazon
  • Alubutyl-Matten, zum „Verstärken“ des Gehäuseinneren. Hatte ich noch im Keller liegen.
  • Dichtband, zum Abdichten der Rückwand und der Lautsprecher-Chassis. Link: Amazon

Wo Schrauben sind, sollten Bohrlöcher sein – das gilt nicht nur für Holz, sondern auch für Kunststoff. Daher habe ich diese gleich mit einer Tiefe von 5 mm ins Design eingefügt, um nachträglich nicht auch noch vorbohren zu müssen. Die Frequenzweiche habe ich, wie bereits erwähnt, an der Rückwand befestigt und mit den beiden Lautsprechern sowie den Anschluss-Terminals verkabelt. Da ich von Beginn an vor hatte, die Trennfrequenz für den Tieftonbereich im Verstärker festzulegen, habe ich die Frequenzweiche auf „Full-Range“ gejumpert.

Beim Zusammenbau des ersten Lautsprechers war ich mir ehrlich gesagt noch nicht sicher, ob sich das alles zu meiner Zufriedenheit entwickelt. Deswegen habe ich nichts verlötet, sondern, wie auf den Fotos zu sehen ist, mit Kabelschuhen und Quetschverbindern gearbeitet. Später habe ich natürlich auf Lötzinn zurückgegriffen.

Ein großes Stück selbstklebende „Anti-Dröhn-Matte“ aus Alubutyl hatte ich noch im Keller liegen. Zurechtgeschnitten und ins Gehäuseinnere geklebt, um dem Ganzen noch etwas mehr Masse zu verleihen. Auch die Dämmwatte sorgt dafür, Gehäuseschwingungen zu minimieren, indem gewisse Frequenzbereiche gedämpft werden. Um letztendlich alles absolut luftdicht abzuschließen, habe ich eine Butylrundschnur ringsherum um die Lautsprecher-Chassis geklebt, bevor ich diese ins Gehäuse eingesetzt habe. Dasselbe Prinzip habe ich bei der Rückwand angewendet, in die ich vorher die M6-Muffe vorsichtig hineingedreht hatte.

Ergebnis? Was für ein Klotz…

…der leider noch nicht ganz perfekt war. Über ein Kilogramm bringt mein fertiger DIY-Lautsprecher auf die Waage! Da hatte ich Bedenken, ob die Einschraubmuffe in der Rückwand hält oder herausbrechen könnte. Wenn ich vorhabe, zwei dieser Lautsprecher an die Zimmerdecke zu hängen, möchte ich schon gerne vermeiden, dass mir diese auf den Kopf fallen. Daher habe ich den Bereich der Muffe nachträglich etwas stabiler designt und die Rückwand erneut gedruckt.

Dann stand der erste Soundcheck an und mir wurde sofort klar: „Das wird geil“ …und günstig. Denn letztendlich habe ich für einen solchen Lautsprecher lediglich um die 25,00 € ausgegeben. Die darauffolgenden Wochenenden wurde also weiter gedruckt und gebastelt, denn mein Ziel waren ja von Beginn an sieben Lautsprecher: Front-Left, Center, Front-Right, Surround-Left, Surround-Right, Top-Middle-Left und Top-Middle-Right. In anderen Worten: ein 5.1.2 Dolby Atmos Setup.

Finales Setup

Da kein UHD Blu-ray-Player vorhanden, muss ich mich mit meiner Nvidia Shield TV als Zuspieler begnügen. Dank Netflix Premium, Disney+ und Amazon Prime Video steht mir damit aber genügend Dolby Atmos Content zur Verfügung (auch wenn es sich dabei nur um DD+ Streams handelt). Fürs Bild ist mein mittlerweile in die Jahre gekommener 55-Zoll Samsung TV zuständig, welcher aber immerhin 4K und HDR leistet. Als Schaltzentrale dient der AVR-X1700H, ein 7-Kanal-Receiver von Denon, an den ich alle sieben DIY-Lautsprecher sowie einen Yamaha Subwoofer angestöpselt habe. Obwohl meine kleinen Selbstbau-Speaker ordentlich nach unten spielen (runter bis 80 Hz), ist für den Tiefton-Kanal natürlich weiterhin ein aktiver Basswürfel vonnöten.

Zur Montage der Stereo-Speaker an der linken und rechten Wand wollte ich auf Bohren und Dübeln verzichten. Außerdem fand ich keine Wandhalterung, die meinen Vorstellungen entspricht. Aber hey, kein Problem, dann designen und drucken wir halt schnell selber ’ne Lautsprecherhalterung! Flügelschrauben, passend zu den von mir verbauten Muffen, habe ich im Baumarkt für ein paar Cent gefunden.

Um die Lautsprecher untenrum etwas zu entlasten, habe ich die Trennfrequenz auf 100 Hz eingestellt und anschließend das komplette Setup mittels der Audyssey Raumkalibrierung eingemessen. Und dann… Fertig!

Fazit?

Vorweg: Um ein großes Heimkino zu beschallen, ist ein solches System natürlich nicht geeignet. Da fehlt es einfach an Leistung. Auf der anderen Seite bietet der Handel aber auch kein kompaktes und somit günstiges Dolby Atmos Boxenset für kleinere Räumlichkeiten in Mietwohnungen. Von dem her habe ich mir hier etwas realisiert, das es so am Markt bisher nicht gibt – natürlich unter Berücksichtigung, dass ich die Lautsprecher-Chassis aus der defekten Soundbar schon vorliegen hatte. Bei den bereits erwähnten 25,00 € Materialaufwand je Box komme ich insgesamt auf 175,00 €. Plus 669,00 € für den Denon-Receiver und 142,99 € für den Subwoofer, welcher gerade reduziert angeboten wurde.

Ehrlich gesagt war ich bis zum Schluss am Zweifeln, ob mich das komplette Setup klanglich überzeugen könne. Doch das hat es! Feine Höhen, ein kraftvoller Mitteltonbereich mit schönem Punch nach unten. Im Tieftonbereich leistet der Sub seine Arbeit, wahrnehmbar, aber nicht zu aufdringlich und überhaupt nicht ortbar. Die räumliche Ausleuchtung ist sehr präzise und den 5.1 Systemen, die ich seit Jahren gewohnt bin, weit überlegen. Beeindruckt hat mich bisher vor allem die 3. Staffel von Tom Clancy’s „Jack Ryan“ auf Prime Video, welche im OT mit Dolby Atmos Tonspur vorliegt. Die dumpfen Maschinengewehrsalven ballern kraftvoll aus allen Richtungen, während Hubschrauber und Flugzeuge über meinen Kopf zu fliegen scheinen. „Andor“ auf Disney+, die bisher beste Star Wars Serie überhaupt, macht einfach nur Spaß. Wenn ein Tie-Fighter im Tiefflug durchs Wohnzimmer prescht, ist das Grinsen im Gesicht breit ☺️

To-Do’s

Auch wenn diese Low Quality Streams schon mächtig Laune machen, geht es immer noch eine Nummer besser. Deswegen plane ich, einen UHD Blu-ray-Player ins System zu integrieren, um Dolby Atmos in seiner ganzen Pracht genießen zu können. Zudem werde ich die DIY-Lautsprecher noch mit Gittern versehen, bespannt mit schalldurchlässigem Akustikstoff.

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1 Kommentar

  1. CrickMaster

    Absolut genial. So kann man Geld sparen 🙂

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